- Beschreiben Sie mit eigenen Worten das Problem der Klimakrise und Ihre Ursachen!
Durch außergewöhnlich starke Erwärmung unserer Atmosphäre verändern sich unsere Lebensbedingungen extrem. Einige Folgen sind: Direkte Gesundheitsgefahren für Menschen, Anstieg der Meeresspiegel, häufigeres Auftreten von Extremwetterlagen, Verlagerung von Niederschlägen. Somit ergeben sich Überschwemmungen, Dürren, Bodenerosionen, welche wiederum Artensterben in Flora und Fauna, indirekte Gesundheitsgefahren für Menschen, Verringerung landwirtschaftlicher Nutzfläche und Hungersnöte nach sich ziehen.
Dies geschieht logischerweise weltweit und fordert uns als gesamte Menschheit heraus, einerseits die Ursachen für die Kimakrise zu bekämpfen und die Auswirkungen der Klimakrise zu minimieren – so überlegt und zügig wie möglich.
Obwohl sich die klimatischen Bedinungen auf der Erde stets wandeln, hat die derzeit auftretende Erderwärmung ihre Hauptursache in unserem eigenen Verhalten, insbesondere durch rücksichtslose Industrialisierung.
Durch uns Menschen verstärkt erzeugte Treibhausgase (insbesondere Kohlendioxid und Methan) sammeln sich in der Atmosphäre. Hier beschleunigen sie den Treibhauseffekt, weil sie langsamer gebunden werden, als wir sie erzeugen.
Als menschenbeeinflussbare Quellen für Treibhausgase kennen wir die Verbrennung von fossilen Energieträgern, unsere Landwirtschaft und unseren Energieverbrauch.
Diese Zusammenhänge sind wissenschaftlich gut untersucht.
Eine durchschnittliche Erderwärmung um mehr als 1,5 Grad Celsius, im Vergleich zur Durchschnittstemperatur vor unserer Industrialisierung, gilt als Kipp-Punkt, an dem dynamische Folgeprozesse die Erderwärmung beschleunigen. Wenn wir es schaffen, die Erderwärmung so zu bremsen, dass sie unterhalb des Kipp-Punktes bleibt, können wir die Auswirkungen der Klimakrise minimieren. Unsere Aufgabe ist also zuvorderst, unsere Treibhausgasemissionen drastisch zu senken, um unsere Lebensgrundlage zu sichern.
- Wie ist Ihr persönlicher Bezug zum Thema Klimakrise?
Ich bemerke leichte gesundheitliche Beeinträchtigungen durch längere Zeiten im Jahr, in denen mich der Heuschnupfen plagt. Das ist eine harmlose Folge, mit der ich umgehen kann.
Schwerwiegender finde ich, dass schon zur Zeit meiner Geburt wissenschaftliche Erkenntnisse veröffentlicht wurden, die „Grenzen des Wachstums“ aufzeigten und Nachhaltigkeit als wichtiges Merkmal unseres menschlichen Handelns anmahnten.
Kurz darauf entdeckten Wissenschaftler das Loch in der Ozonschicht, die uns vor zu starker UV-Strahlung schützt. Es wurden die Ursachen erkannt und weltweit kam es zum Verbot der Flour-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW), wodurch die Ozonschicht nicht weiter angegriffen wurde und sich weitgehend erholen konnte.
Es wäre vernünftig gewesen, auf dieser Erfahrung aufbauend Nachhaltigkeit als Richtlinie in Wirtschaft und Politik zu etablieren. Leider verstrich inzwischen viel Zeit, während einserseits die Klimakrise mit ihren Auswirkungen beschrieben wurden und sogar Gegenmaßnahmen erarbeitet wurden, die jedoch andererseits von den politischen Machtinhabern ignoriert bzw. klein geredet wurden. Selbst wenn es zu internationalen Klimagipfeln kam, waren deren Ergebnisse oftmals nur Minimalkonsense. Immerhin existiert mit dem Pariser Klimaabkommen ein grober Fahrplan. Jedoch beobachte ich, dass in unserem Land bisher zu wenig passiert ist, um zumindest diesem Fahrplan zu folgen.
Das will ich ändern. Dazu engagiere ich mich mit der Piratenpartei. Nachhaltigkeit soll kein Schlagwort bleiben, sondern muss selbstverständlich mitgedacht werden. Als Familienvater ist es mir wichtig, eine bessere Welt zu hinterlassen.
- Wie werden Sie sich als MdB konkret für die Lösung der Klimakrise einsetzen? Welche konkreten Ergebnisse wollen Sie bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode erreichen?
Es gibt viele Punkte, an denen wir ansetzen müssen, um die Klimakrise und ihre Auswirkungen zu bewältigen.
Das sind aus meiner Sicht konkret Energiepolitik, Verkehrspolitik, Wirtschaftspolitik und Agrarpolitik; aber auch Sozialpolitik, Gesundheitspolitik, Außen- und Sicherheitspolitik.
Nach Abstimmung mit meinen Parteikollegen, würde ich mich als MdB auf einen der Bereiche Energie, Verkehr oder Soziales konzentrieren.
Hierbei wären meine primären Ziele für die Legislaturperiode:
Die konsequente und schnelle Energiewende auf den Weg bringen, damit wir sie bis 2035 schaffen
Kohleausstieg bis 2024, sofortiger Stopp der Abbagerung neuer Gebiete
Verdeckte Subventionen und Vorteile für fossile Energieträger streichen
Eine ganz neue Mobilitätspolitik voran bringen
Umbau der Gesetze und Richtlinien für bundesweite Mobilitätsplanungen und -konzepte. Hier müssen Klima- und Umweltschutz fest verankert werden.
- In der Vergangenheit hat finanzstarker Lobbyismus der Industrie unserer Ansicht nach die Bewältigung der Klimakrise ausgebremst. Werden Sie als MdB Ihre sämtlichen Termine mit Lobbyisten und Interessengruppen leicht zugänglich im Internet veröffentlichen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.
Ja, weil ich es für selbstverständlich halte, dass offen erkennbar sein muss, wer wen wie bei welchen Themen beeinflusst. Deshalb werde ich zusätzlich den Kontext der Termine veröffentlichen. Falls mir bekannt, werde ich ebenfalls Auftraggeber meiner Kontakte nennen.
- Bislang werden fossile Energieträger weiterhin staatlich gefördert. Wollen Sie das beenden? In welchen Schritten und bis wann?
Ja, die Förderungen der fossilen Energieträger muss sofort beendet werden, um Wettbewerbsverzerrungen aufzuheben.
- Welchen Einfluss sollten Ihrer Ansicht nach wissenschaftliche Erkenntnisse auf politische Entscheidungsfindungen haben? Was sollte sich Ihrer Ansicht nach diesbezüglich im Politikbetrieb ändern? Wie wollen Sie sich ggfs. konkret für diese Änderungen einsetzen?
Politiker.innen entscheiden über Rahmenbedingungen und Regelungen, die alle Themenbereiche unseres Zusammenlebens betreffen, ohne jeweils Expert.innen in allen Bereichen zu sein. Somit sind Politiker.innen auf diesen Rat angewiesen. Hier ist es wichtig, weitgehend objektive Informationen zur Entscheidungsgrundlage zu erhalten. Ich finde wissenschaftliche Erkenntnisse sind an dieser Stelle besonders wertvoll, da ernsthaftes wissenschaftliches Arbeiten auf Qualität und Überprüfbarkeit setzt.
Alle Politiker.innen sollten wissenschaftliche Erkenntnisse mit berücksichtigen – entweder durch eigene Expertise, selbst eingebunden in wissenschaftlichen Netzwerken oder durch Expert.innenrat.
Hierbei muss beachtet werden, dass Wissenschaftler unabhängig arbeiten können.
Den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages halte ich insbesondere in diesem Zusammenhang für eine wichtige Einrichtung.
- Nachdem die Wahlprogramme geschrieben wurden, hat das IPCC am 9. August den Bericht „Climate Change 2021: the Physical Science Basis” veröffentlicht. Eine Kernaussage der Wissenschaftler*innen lautet, dass der Klimawandel noch deutlich schneller als bisher angenommen abläuft. Werden Sie sich aufgrund dieser Erkenntnisse für Änderungen einsetzen, die über das Wahlprogramm Ihrer Partei hinausgehen? Welche sind dies konkret?
In unserem Wahlprogramm zeigen wir realistische Möglichkeiten auf, die Energiewende schneller hin zu bekommen, als es allgemein von anderen Parteien gesehen wird. Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir die erforderlichen Maßnahmen zügig voran treiben. Es wurde in den letzten Jahrzehnten leider schon zu lange gezögert.
- Teile der Klimabewegung fordern „System change, not climate change!”. Identifizieren Sie sich mit dieser Forderung? Welche Änderungen am derzeitigen politischen und wirtschaftlichen System brauchen wir, um die Klimakrise besser bewältigen zu können?
Ja, es muss sich einiges ändern in unserer Gesellschaft.
In der Politik brauchen wir mehr Werkzeuge für direkte Demokratie: verbindliche Bürgerräte und bundesweite Volksabstimmungen in der Art, wie sie von ABSTIMMUNG21 vorgedacht sind.
Wir müssen die Wirtschaft wieder auf ihren eigentlichen Platz verweisen: Wirtschaft soll zum Wohle der Menschen gestaltet sein, statt dass eine auf ungehemmtes Wachstum ausgerichtete Wirtschaft Menschen nur als Ressource und Konsumenten sieht.
- Bis wann sollte Ihrer Ansicht nach – auch in Angesicht der aktuellen Erkenntnisse – der Kohleausstieg in Deutschland vollzogen sein?
2024.
- In der Bevölkerung ist es populär, die selbst verursachten Emissionen von Klimagasen durch Kompensationszahlungen auszugleichen. Dies ist etwa bei der Buchung von Flugreisen verbreitet. Neue Bäume, die heute gepflanzt werden, werden aber erst in etwa 30 Jahren wirksam Kohlenstoffdioxid binden. Auch wurde bekannt, dass brennende Fichtenwälder als Kompensationsflächen verkauft wurden. Wie wollen Sie diese Probleme lösen?
Wir brauchen ehrliche Preise, die den Ressourcenverbrauch mit abbilden.
Nehmen wir das Beispiel der Flugreise, kann es nicht sein, dass der Treibstoff massiv subventioniert wird, wodurch die Preise für Flugtickets unterhalb der Kosten für eine Bahnfahrt für die gleiche Strecke liegen.
Ein Greenwashing durch Monokulturaufforstung ist der falsche Weg.
Kompensationsmöglichkeiten müssen streng gesetzlich reguliert und überprüft werden.
- Ist für Sie die Rückkehr zur Atomenergie als Beitrag zur Lösung der Klimakrise ausgeschlossen?
Ja, da wir unsere Klimaziele auch mit regenerierbarer Energieerzeugung erreichen können. Atomenergie ist die teuerste Art der Stromversorgung und hat haufenweise ungelöste Probleme.
- Durch die jetzt neu gebaute Gas-Pipeline North Stream 2 soll fossiler Brennstoff zur Verbrennung nach Deutschland transportiert werden. Wie passt so ein Vorhaben für Sie noch in eine Zeit, in der von der Wissenschaft die Reduktion von klimaschädlichen Gasen in dramatischen Appellen eingefordert wird?
Im Besonderen mit Blick darauf, dass wir die Förderung und Verbrennung fossiler Energieträger reduzieren müssen, ist dieses Projekt nicht mehr zeitgemäß oder sinnvoll.